Jetzt malt er mich, wir sind täglich einige Stunden allein. Heute wendet er sich plötzlich zu mir mit seiner vibrierenden Stimme und sagt:
»Sie lieben dieses Weib?«
»Ja.«
»Ich liebe sie auch.« Seine Augen schwammen in Tränen. Er schwieg einige Zeit und malte weiter.
»Bei uns in Deutschland ist ein Berg, in dem sie wohnt«, murmelte er dann vor sich hin, »sie ist eine Teufelin.«
Das Bild ist fertig. Sie wollte ihm dafür zahlen, großmütig, wie Königinnen zahlen.
»Oh! Sie haben mich bereits bezahlt«, sprach er ablehnend mit einem schmerzlichen Lächeln.
Ehe er ging, öffnete er geheimnisvoll seine Mappe und ließ mich hineinblicken – ich erschrak. Ihr Kopf sah mich gleichsam lebendig wie aus einem Spiegel an.
»Den nehme ich mit«, sprach er, »der ist mein, den kann sie mir nicht entreißen, ich habe ihn mir sauer genug verdient.«
»Mir ist eigentlich doch leid um den armen Maler«, sagte sie heute zu mir, »es ist albern, so tugendhaft zu sein, wie ich es bin. Meinst du nicht auch?«
Ich wagte nicht, ihr eine Antwort zu geben.
»Oh, ich vergaß, daß ich mit einem Sklaven spreche, ich muß hinaus, ich will mich zerstreuen, will vergessen.
Schnell, meinen Wagen!«
Eine neue phantastische Toilette, russische Halbstiefel von veilchenblauem Samt, mit Hermelin besetzt, eine Robe von gleichem Stoff, durch schmale Streifen und Kokarden desselben Pelzwerkes emporgehalten und geschürzt, ein entsprechender, anliegender kurzer Paletot, gleichfalls reich mit Hermelin ausgeschlagen und gefüttert; eine hohe Mütze von Hermelinpelz im Stile Katharinas II., mit kleinem Reiherbusch, der von einer Brillanten-Agraffe gehalten wird, das rote Haar aufgelöst über den Rücken. So steigt sie auf den Bock und kutschiert selbst, ich nehme den Platz hinter ihr ein. Wie sie in die Pferde peitscht. Das Gespann fliegt wie rasend dahin.
Sie will heute offenbar Aufsehen erobern, und das gelingt ihr vollständig. Heute ist sie die Löwin der Cascine. Man grüßt sie aus den Wagen; auf dem Pfade für die Fußgeher bilden sich Gruppen, welche von ihr sprechen. Doch niemand wird von ihr beachtet, hie und da der Gruß eines älteren Kavaliers mit einem leichten Kopfnicken erwidert.