»Ich begreife den Eindruck, den er dir gemacht hat«, antworte ich; meine Phantasie riß mich wieder im wilden Wirbel fort – »ich selbst war außer mir, und ich kann mir denken –«
»Du kannst dir denken«, lachte sie auf, »daß dieser Mann mein Geliebter ist, und daß er dich peitscht, und es dir ein Genuß ist, von ihm gepeitscht zu werden.
Geh jetzt, geh.«
Ehe es Abend war, hatte ich ihn ausgekundschaftet.
Wanda war noch in voller Toilette, als ich zurückkehrte, sie lag auf der Ottomane, das Gesicht in den Händen vergraben, das Haar verwirrt, gleich einer roten Löwenmähne.
»Wie nennt er sich?« fragte sie mit unheimlicher Ruhe,
»Alexis Papadopolis.«
»Ein Grieche also.«
Ich nickte.
»Er ist sehr jung?«
»Kaum älter als du selbst. Man sagt, er sei in Paris gebildet und nennt ihn einen Atheisten. Er hat auf Candia gegen die Türken gekämpft und soll sich dort nicht weniger durch seinen Rassehaß und seine Grausamkeit, wie durch seine Tapferkeit ausgezeichnet haben.«
»Also alles in allem, ein Mann«, rief sie mit funkelnden Augen.
»Gegenwärtig lebt er in Florenz«, fuhr ich fort, »er soll enorm reich sein –«
»Um das habe ich nicht gefragt«, fiel sie mir rasch und schneidend ins Wort.
»Der Mann ist gefährlich. Fürchtest du dich nicht vor ihm? Ich fürchte mich vor ihm. Hat er eine Frau?«
»Nein.«
»Eine Geliebte?«
»Auch nicht.«
»Welches Theater besucht er?«
»Heute abend ist er im Theater Nicolini, wo die geniale Virginia Marini und Salvini, der erste lebende Künstler Italiens, vielleicht Europas, spielen.«
»Sieh, daß du eine Loge bekommst – rasch! rasch!« befahl sie.
»Aber Herrin –«
»Willst du die Peitsche kosten?«
»Du kannst im Parterre warten«, sprach sie, als ich ihr Opernglas und Affiche auf die Logenbrüstung gelegt hatte und eben den Schemel zurechtschob.
Da stehe ich nun und muß mich an die Wand lehnen, um nicht umzusinken vor Neid und Wut – nein, Wut ist nicht das Wort dafür, vor Todesangst.
Ich sehe sie im blauen Moirékleide, mit dem großen Hermelinmantel um die bloßen Schultern in ihrer Loge und ihn ihr gegenüber. Ich sehe, wie sie sich gegenseitig mit den Augen verschlingen, wie für sie beide heute die Bühne, Goldonis Pamela, Salvini, die Marini, das Publikum, ja die Welt untergegangen ist – und ich, was bin ich in diesem Augenblicke? –