Dann würden ihm schon die passenden Worte einfallen. Zum Lohn würden seine Finger auf der Innenseite dieser unglaublich stabilen und zugleich zarten Ohrmuschel entlang wandern, von dort ihren Weg nach unten zum Ohrläppchen finden, um dann hinten langsam wieder nach oben zu fahren. Dieses unbeschreibliche Ohrläppchen würde sich vorsichtig rot färben, sodass seine Lippen nicht mehr anders könnten, als es zu küssen. Und zu küssen. Und sicherheitshalber noch ein paar Mal, ehe seine Zunge …
Jetzt bemerkte er den starren Blick der fremden Frau, an deren Haar sein Blick die ganze Zeit gehangen hatte. Joseph räusperte sich und vergaß die Sache mit der Zunge. Er nahm einen Schluck Apfelsaft, stellte den leeren Becher ab, griff noch einmal danach, um den letzten Tropfen in den Mund rollen zu lassen.
Während der ganzen Zeit betrachtete ihn die Frau fasziniert. Sie sah überraschenderweise nicht einmal erstaunt aus. In ihren Augen spiegelte sich der Glanz seiner eigenen gefundenen Sehnsucht.
Der Bus fuhr an einem kleinen Feld vorbei. Ein Storch segelte darüber.
„Draußen regnet es“, sagte die Frau schließlich.
„Sehr“, antwortete Joseph.
Sie schwiegen eine Weile. Der Bus brummte durch zwei oder drei Kurven. Josephs Kopf blieb eine dunkle leere Höhle, die noch niemand erforscht hatte. Der Bus donnerte über eine Brücke.
Die Fremde fragte: „Ohren?“
Er nickte. Der Bus erreichte eine lang gezogene Kurve.
Die Frau sagte: „Hände.“
Hinter der Kurve griff sie einfach nach seiner rechten Hand und hielt sie mit Kennermiene fest. Ein verlegenes Lächeln schwebte über ihr Gesicht. Ihr rechter Zeigefinger wanderte langsam seinen Daumen entlang von der Spitze bis zur Handfläche, nacheinander Mittel- und Ringfinger. Joseph schloss die Augen. Mit ihrem Daumen strich sie über seinen kleinen Finger, fuhr über die Außenseite und die Handwurzel bis hinüber zu Josephs Daumen, wo sich die beiden Spitzen berührten. Daraufhin legte sie still ihre Fingerspitzen auf die Seinen und massierte sie mit kleinen kreisenden Bewegungen, dass Joseph von der Berührung fast schwindlig wurde. Wann hatte das eine Frau je mit ihm getan? Vermutlich noch nie, aber sein Erinnerungsvermögen war im Moment recht eingeschränkt. Nun tastete sich die Zeigefingerspitze der fremden Frau langsam zu Josephs Handfläche, von dort weiter, zögerte am Manschettenknopf und fuhr mitsamt den anderen Fingern die Handfläche hinauf und wieder hinab. Und wieder hinauf und hinab, und noch einmal, bis ihr Finger schließlich den Weg zur kleinen Hautfalte zwischen Josephs Mittel- und Zeigefinger fand und dort ausruhte, wo Joseph ihn festhielt.