Ich versteckte mich hinter meinem Handy, das ich aus der Handtasche nehme, um die SMS abzusetzen: “Bin da.” Ich fummelte mit zittrigen Fingern am Handy, als wäre ich beschäftigt, während ich in Wahrheit aus den Augenwinkeln den Bahnhofplatz überwachte. Ich fühlte mich selbst vom Hund beobachtet. Natürlich wich ich allen Blicken aus. Bloß nicht angequatscht werden, vor allem nicht von den drei Kanacken, die gerade aus dem Burger King gekommen waren und mich noch aus sicherer Entfernung grinsend angafften, als ich an ihnen vorbei zu einem Hotel schielte. Sollte es dort passieren?
Während ich auf Antwort wartete, überlegte ich, einfach alles abzublasen. Ich war sowieso irre, mich auf so etwas einzulassen, habe mich vollquatschen lassen. Außer dem Gesundheitszeugnis wusste ich von den beiden Typen so gut wie gar nichts. Dämliche Schwanzfotos, als interessierte mich die Größe. Nach vier Jahren Beziehung wieder Single, jetzt oder nie, wer weiss, ob die Gelegenheit noch mal kommt, was für ein Scheißgrund. Wie konnte ich nur so blöd und naiv sein. Natürlich würde es nicht wie in den Rollenspielen werden, die ich mit den beiden gemacht hatte. Ich erwog zurück zu gehen, meine Tasche zu holen, mich in der Bahnhofstoilette um zu ziehen und nach Hause zu fahren.
Dann kam die SMS. “Geh nach rechts. Am Burger King vorbei, dahinter ist das Intercity Hotel. Zimmer 112, Tür ist offen. Auf dem Bett liegt eine Schlafbrille, die setzt du auf.”
In Gedanken ging ich die Männer durch, die an mir vorbei gegangen waren. Hatte ich die beiden gesehen? Ich blickte nach rechts über den regennassen Vorplatz. Ich stand auf, ging die Treppe entlang, in Richtung des Geruchs von fettigem Fastfood, an den Möchtegerngangstern mit ihren schief sitzenden Caps vorbei, die ich keines Blickes würdigte. Mein Schritt beschleunigte sich, ich lief mit der auf Zwölfzentimeterabsätzen möglichen Höchstgeschwindigkeit die Fassade entlang. Klack, klack, klack. Es war nicht weit. Ich atmete durch, ging durch die Tür. Niemand stand an der Rezeption. Ich hatte einen Tunnelblick, sah nur den Aufzug und drückte die Taste, drückte nochmal. 112 musste im ersten Stock sein, das ist in allen Hotels so. Ich stieg ein und drückte die Eins. Erst jetzt wurde mir bewusst, wie angenehm warm es im Hotel war. Als die Tür schloss und der Aufzug anfuhr, betrachtete ich mich von oben bis unten in der Seitenwand, die komplett verspiegelt war. Mein Blick blieb auf dem Top hängen, durch das sich meine Brustwarzen deutlich durchdrückten. Sollte ich den Lippenstift nochmal nachziehen? Ich musste lachen. Lidschatten und Mascara hätte ich mir gleich sparen können – Schlafbrille! Und der Rest würde in einer halben Stunde sowieso verschmiert sein, also was sollte es? Der Aufzug hielt an, die Tür ging auf, und ich war auf der Zielgeraden.