Es ist mir nach wie vor ein Rätsel, wie ich es schaffte, den Tisch abzuräumen, mich für die Arbeit fertig zu machen und in die Redaktion zu radeln. Heute emfand ich es erstmalig als Vorteil, dass ich, als Jüngste im Team, nur mit Aufgaben betreut war, über die ich mich ansonsten oft ärgerte, weil ich sie für läppisch erachtete…keine große Verantwortung, immerhin. Ich nahm die Kollegen nur im Nebel wahr – und sie schenkten mir gewöhnlich eh keine große Beachtung.
Die aufmunternde e-Mail des Mannes, der mir einen aufregenden Tag wünschte, konnte ich nicht einordnen – ich antwortete nicht, ich konnte nicht!
Irgendwie habe ich den Arbeitstag hinter mich gebracht, ferngesteuert, automatisiert. Zuhause angekommen warf ich mich ins Bett, zog mir die Decke über den Kopf und weinte schreiend in mein Kissen, bis ich total erschöpft war. Meine Augen waren dick verschwollen und brannten, meine Nase war verstopft, mein Kopf war wie Watte und ich war müde, müde, müde.
Mitten in der Nacht wachte ich plötzlich auf. Ich weiss nicht recht, was ich geträumt hatte, aber aus irgendeinem Grund war mein Trotz erwacht! Wie von der Tarantel gestochen sprang ich aus dem Bett, flitzte ins Wohnzimmer und fuhr den Computer hoch! “Na warte”, murmelte ich wie ein Mantra vor mich hin, “na warte”!
Praktisch, diese online-Bestellerei…Beate Uhse, Dildo King, amazon, ebay…wie im Rausch klickte ich mich durch die Anbieter, surfte zwischen Ouvertslips und Strapsen, hopste von Negligeés zu Büstenheben und füllte meine Warenkörbchen…Zu Weihnachten war mit der einen oder anderen Zuwendung von Omas und Opas zu rechnen – ich legte sie an in Highheels und Stringtangas!
Nach etwa zwei Stunden hatte ich mich abreagiert und schlurfte wieder ins Bett. “Na warte”, dachte ich beim Einschlafen, nun vor mich hingrinsend und in freudiger Erwartung all der hübschen Dinge, die ich in den kurzer Zeit erwartete.
Die kommenden Tage verliefen scheinbar unspektakulär. Der Kontakt zu dem Mann verlief virtuell, liebevoll, verläßlich – er habe selber gerade viel zu tun – die Weihnachtsvorbereitungen, die Arbeit…aber stets nahm er sich die Zeit, mich nach meinem Tag zu fragen, meine Projekte in der Redaktion mit mir zu besprechen, meine Pläne für den Abend…und meine Anspannung stieg! Ich war mir sicher, dass er in Kürze wieder in meiner Wohnung stehen würde – und diesmal war ich vorbereitet!