Nachdem die letzten Gäste sich zurückgezogen hatten, machte sie sich frisch und trat dann in die Stube neben die Bank, auf der der junge Mann ruhig dalag. Ihr langes, tiefschwarzes Haar hatte sie zu einem lockeren Pferdeschwanz gebunden, der über ihre linke Schulter hing. Sie beugte sich zu dem scheinbar tief Schlafenden und strich mit den Spitzen ihrer Haare zart über seine Wange. Da öffnete er die Augen und lächelte sie an. Verführerisch lächelte sie zurück, während sie sich wieder aufrichtete.
„Kann ich Ihnen irgendwie helfen?”, fragte er arglos.
„Du liegst hier auf dieser harten, schmalen Bank, dabei habe ich in meinen Gästezimmern die herrlichsten weichen, breiten Betten. Willst du nicht eines davon mit mir teilen?”
Sie streckte ihm einladend eine Hand entgegen und sein Lächeln wurde breiter. Doch machte er keine Anstalten, sich zu erheben. Stattdessen fragte er zurück:
„Warum sollte ich das tun?”
Die Wirtin war durch diese kühle Abfuhr ein wenig irritiert, dachte aber nicht daran, sich so leicht geschlagen zu geben.
„Abgesehen davon, dass es sich dort bestimmt angenehmer schläft, denke ich, dass ich dir die Nacht zusätzlich versüßen kann. Ich bin zwar Witwe, aber das heißt nicht, dass ich mein Leben lang versauern muss. Im Gegenteil, ich weiß durch meine Erfahrung genau, was ein Mann sich wünscht und wie ich ihm diese Wünsche erfüllen kann.”
„Ich muss zugeben, das klingt verlockend. Doch möchte ich sicher sein, dass es sich auch lohnt. Vielleicht bist du ja eine vertrocknete alte Schachtel?”
Diese dreiste Beleidigung trieb ihr die Zornesröte ins Gesicht. Sie schwor sich, dass dieser Bursche nicht so leicht davonkommen sollte, wie seine zwei Vorgänger. In ihrem ehelichen Schlafzimmer verbarg sie tief in einer Truhe eine Sammlung von Lederbändern und Ketten. Da ihr Mann, Gott hab ihn selig, auf derartige Spielchen gestanden hatte, hatte sie in den wenigen Jahren ihrer Ehe eine gewisse Kunstfertigkeit mit diesen Dingen erworben, die sie nun aufzufrischen gedachte. Dazu müsste sie den frechen Kerl aber erst mal dorthin locken. Äußerlich ließ sie sich aber nichts von diesen Gedanken anmerken.