Nach einem ausgiebigen Frühstück auf einer Bank am See ruhte ich so lange, bis sich der unansehnliche Klumpen Teig in meinem Magen aufgelöst hatte. Die Sonne blitzte durch die rauschenden Bäume. Das Brummen der Autos auf der nahen Straße klang wie Meeresrauschen. Tief in meinem Inneren spürte ich, wie sich die Erinnerung an Julia zusammen mit dem Teil auflösten und der Kloß in meinem Hals dünner und dünner wurde, bis er schließlich verschwand. Eine halbe Stunde später stieg ich in die erste S-Bahn, die nach Berlin-Mitte fuhr.
3.
Das war es also: Berlin, mein Spielplatz. Mein erstes Ziel kannte ich bereits. Aufgeregt starrte ich während der Fahrt aus dem Fenster, immer mit der einen Hand an meinem Schwanz und der anderen am Haltegriff. Sommerliche Kleidung, kurze Röcke, nackte Beine, blitzende Brüste. Die Lust am Zuschauen wurde wieder groß. Die Lust, nicht selber eingreifen zu müssen. Abstand wahren zu können. Lust auf Distanz. Ohne Verpflichtungen. Das Auge als einiges Mittel zur Kontaktaufnahme.
Einmal fuhr mir eine dicke türkische Mutter mit ihrem Kinderwagen über die Füße, ein anderes Mal rempelte mich ein Penner an, dem ich eigentlich aus dem Weg gehen wollte. Er merkte gar nicht, dass zwischen ihm und der Trennwand noch ein halber Meter Platz gewesen war. Langsam ging ich durch den Wagen, starrte in Ausschnitte, stellte mir vor, wie ich Geschäftsfrauen in engen Kostümen an den Hintern fassen konnte und hielt dennoch Abstand. Auch so hatte ich genug erregtes Material in meinen Händen.
Richtig interessant wurde die Fahrt, als an der Station Westkreuz zwei hübsche Mädchen einstiegen und an der Tür stehen blieben, ihre Rucksäcke zwischen die Füße gestellt. Schülerinnen? Studentinnen? Turnschuhe, Jeans, ein Top, das den Bauch frei ließ und Brustwarzen, die den Stoff durchbohrten, als wäre er aus hauchdünner Seide. Beide Mädchen waren stark geschminkt und hatten die langen Haare zu einem Zopf gebunden, der zwischen den nackten Schulterblättern baumelte. Auf einen BH hatten sie verzichtet. Vorsichtig schlich ich mich bis auf einen halben Meter heran. Ich konnte die Farbe des Lippenstiftes als Schicht erkennen und den Atem der beiden auf meiner Haut spüren.