„Und? Bedauerst du es, ein Blind Date ausgemacht zu haben?“ Ich lauerte auf die Körpersprache. „Nein, ich denke, dass es bis jetzt doch ganz gut läuft. Der Witz an der Sache ist, dass ich den Eindruck habe, dass wir um den heißen Brei herumreden und uns das auf den Keks geht.“ Er verschloss sich bei diesem Satz nicht. Gut und brillant analysiert. Mit dem Menschen konnte man was anfangen, denn auf den Kopf gefallen ist der nicht. „Was machst du eigentlich beruflich, Werner?“ Er zögerte: „Ich studiere Psychologie.“ Ups!!! Auch das noch. Ein Psycho! Also richtete ich mich darauf ein meinen Körper ein wenig besser zu beherrschen und mich nicht so durchschaubar zu machen. Weit gefehlt. Er sah mich an und meinte lapidar: „Das habe ich befürchtet. Jetzt verkrampfst du innerlich, weil du denkst, dass ich dich ständig analysiere.“ Verdammtes Pech aber auch, der Mann war gut. Angriff ist die beste Verteidigung: “Dafür spielst du mir den lockeren vor und beherrschst dich so brillant in deiner Körpersprache, dass ich fast darauf reingefallen wäre.“ „Ähmmm…“ Bingo! War ein Schuss ins Ungewisse, aber trotzdem ein Treffer, und auch voll versenkt. Aber ich wollte keinen Kleinkrieg der Psychos. „Sag’ mal Joachim, bist du auch psychologisch verbildet?“ „Nee mein Lieber, aber ich kann schauen und habe dafür ein Gespür, sozusagen ein Naturtalent, für das ich nichts kann. Aber könnten wir das nicht abstellen. Ich verspreche dir nun hoch und heilig, dass ich diese Tricks unterlassen werde, wenn du das auch tust.“ Ich lächelte ihn offen an. „Wir beide wissen nun, dass wir uns nichts vormachen können, also versuchen wir es doch beide mal mit Ehrlichkeit. OK?“ „Wahnsinnig gute Idee. Soll ich mal anfangen?“ „Meinetwegen…“ „Ich fand deinen Brief schon ganz toll und war begeistert davon, dass da ein Mensch mal offen und ehrlich ist. Ich merke, dass du es wirklich bist und bin darüber sehr glücklich. Ich weiß nicht, ob ich dein Typ bin, aber ich möchte schon gerne mit dir…“ Der Satz verlief ins Leere. Ich sprang ein: „…Sachen ausprobieren, von denen du bis jetzt nur gehört hast, aber dir im Innersten wünschst, dass sie sich erfüllen?“ „Ja… was soll ich noch sagen? Ich denke, da stoße ich bei dir auf entsprechende Gegenliebe, aber ich weiß ja noch nicht mal, was ich will.“ „Da hilft nichts, da muss man probieren. Hast du das nötige Vertrauen?“
„Jetzt ja, aber ich weiß nicht, wie es sein wird, wenn es Ernst wird.“ „Ich fürchte, da hilft nur Eines… abwarten und Tee trinken. Was hältst du davon, wenn du nun mal klar Schiff machst und dir überlegst, ob du den Mut hättest, jetzt mit mir zu gehen und ein wenig oder mehr zu probieren? Ich gehe mal auf die Toilette und bezahle. Während ich weg bin, kannst du die Flucht ergreifen und einfach verschwinden. Ich bin dir dann nicht böse. Ich will dir einfach die Chance lassen. Was hältst du von der Idee?“ „Stark und fair!“ „Tja, dann bis gleich, oder auch nicht. Wenn du gehen solltest, dann muss ich dir jetzt sagen, dass es mich gefreut hat, dich kennen zu lernen, ich es aber bedauern würde, wenn wir nicht die Gelegenheit hätten, das noch zu vertiefen.“ Er lächelte nachdenklich, sagte aber nichts. Ich fügte noch hinzu: „Du gefällst mir einfach.“
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