Mick wartete noch eine Weile, er sah aus einem kleinen Fenster über dem Eingang und vergewisserte sich, dass die Jungen nicht mehr zurückkamen. Sie liefen zum Dorf und kämpften gegen den Wind, der immer stärker wurde.
Mick rannte zurück zur Öffnung, kletterte hinunter, ging um das Depot herum und betrat es durch das verwitterte Holztor, das aber niemals verschlossen wurde, denn die Riegel hatten sich in ihren Lagern festgefressen. Mick ging in die Hocke und sah in die Lücke. Wie er vermutet hatte, gab es in den gestapelten Strohballen eine Aussparung, die einen kleinen, nach oben offenen Raum bildete, und auch genügend Tageslicht durch ließ. Zwei Personen fanden dort ausreichend Platz. Als er hineinkroch, fiel ihm sofort die Wärme auf, die er in dem verwilderten, ungemütlichen Gebäude nicht erwartet hatte. Dass die Jungen hier ein heimliches Nest zum Poppen unterhielten, verstand er gut. Hier fanden sie ideale Bedingungen. Es war trocken, schön warm und einsam. Niemand würde sie hier vermuten.
In der Ecke lag eine zusammengerollte Steppdecke. Mick breitete sie aus und untersuchte sie nach verräterischen Flecken, die er auch prompt fand. Beinahe hätte er das kleine Döschen Vaseline übersehen, das in der Ecke stand. Die Jungen trieben es hier kräftig. Sie hatten sich einen Rückzugsort geschaffen, wo sie unentdeckt ihren Leidenschaften nachgingen. Schwule hatten in einer so kleinen, ländlichen Gemeinde sicher kein einfaches Leben. Jeder kannte jeden, überall wurde getratscht. Mick war froh, dass er in Hamburg lebte, wo es eigentlich nicht wichtig war, mit wem man ins Bett stieg. Er selbst war nicht geoutet, das hatte noch Zeit, fand er.
Den einheimischen Jungen, dessen Namen er nicht kannte, der ihm schon seit Ferienbeginn aufgefallen war, wollte er unbedingt kennenlernen. Er war schwul und hatte sicher nichts gegen eine Abwechslung in seinem eintönigen Landleben. Mick erschien es relativ risikolos, ihn anzusprechen, schließlich brauchte der Junge ihm nichts vormachen, er hatte ihn auf frischer Tat ertappt. Mick grinste. Er würde sich den Knaben so schnell als möglich schnappen.