Die Blase mahnte aufzustehen. Die Uhr auch. Wieder duschten wir abwechselnd. Wieder aßen wir in dem kleinen Restaurant. Aber etwas war anders. Wie Laura mich ansah. Sie war vorher
schon eine aufmerksame Zuhörerin, jetzt nochmal eine Steigerung. Und richtig – jetzt merkte ich es. Sie kokettierte vor mir mit ihren weiblichen Attributen, wie vor einem Mann.
Sie sah mich nicht wirklich als Frau. Vielleicht war ich das äusserlich auch nicht wirklich, zumindest nicht im Vergleich so wie Laura. Sie sah mich als Mensch den sie mochte und
wandte unbewusst dieselben Verhaltensmuster an wie bei der Werbung um einen Mann. Suchte den Augenkontakt. Saß besonders aufrecht um ihre volle Oberweite wirken zu Lassen, lachte
viel, berührte mich immer wieder scheinbar zufällig, über- und unter dem Tisch. Was soll ich sagen? Es wirkte auf mich. Ich fühlte mich geschmeichelt. Sie war wirklich nett
anzusehen, auch in ihrer ungeschminkten Natürlichkeit. Keine von uns mußte sich verstellen, keine Erwartungen erfüllen.
Es war fast Mittag als wir wieder in der Bahn saßen, wir redeten kaum. Nur unsere Füße kreuzten sich am Boden, ein vorsichtiger Versuch Kontakt zu Halten. Der Abschied am Bahnhof
fiel sehr schwer, als wir in unterschiedliche U-Bahnen stiegen. Ich war noch nicht Zuhause, als eine SMS auf meinem Mobile erschien: Du fehlst mir! Damit hatte ich endlich auch
ihre Telefonnummer. Eine seltsame Beschwingtheit überfiel mich. Als wäre ich Verliebt? War ich denn Verliebt? Jedenfalls hatte ich keinerlei erstickende Probleme mehr, so wie
Laura. Sie musste einiges im Leben Regeln, Entscheiden, Ertragen. Gerne hätte ich ihr Geholfen, aber letztendlich würde Sie alleine durch müssen. Ich hoffte nur dabei einen
kleinen Platz in ihrem Leben behalten zu Dürfen.
Das nächste Mal sah ich sie Mitte der folgenden Woche. Ich erzählte am Telefon daß ich auf einer Baustelle in der Nähe von ihr zu Tun hatte, sie wollte mich gerne mal bei der
Arbeit erleben, mich zum Mittagessen abholen. Den ganzen Vormittag war ich seltsam Zerstreut, Unkonzentriert. Auf einer Baustelle unter fast ausschließich Männern, noch dazu in
einer art Führungsposition muß sich eine Frau durchsetzen können. Sie entwickelt dazu eine emotionale Härte, darf sich auch von derbem Fluchen nicht abschrecken lassen, sogar
einen Tritt in einen Hintern hatte ich schon verteilt. Auch die Bekleidung ist Maskulin. Sicherheitsstiefel, Latzhose, Bauhelm. Laura wird bestimmt Überrascht sein.