Woooosh. Wie ein Wirbelwind. Zurück blieb ein Trümmerhaufen von Sinara, mit einem Zettel in der Hand. Er will mich nicht? Sie kämpfte mit den Tränen, sie hatte wirklich rein garnichts verstanden. Nein Sinara, im Gegenteil! In kurzen Worten umriss ich ihr in unserer Sprache die Zusammenhänge. Jetzt brach sie doch noch in Tränen aus, aber aus einem anderen Grund. Sie hatte eine echte Chance bekommen. Und das mit 35 Jahren. Bei manchen Menschen ist das Schicksal eben geduldiger.
In einem Waschbecken neben der Tafel wusch sie sich die verschmierte Schminke aus dem Gesicht, trocknete mit ein paar Papiertüchern nach. Jetzt grinste sie als hätte sie einen Clown gefrühstückt, ihre wilde Entschlossenheit war spürbar. Anschließend fuhren wir gleich in eine Buchhandlung um einen professionellen Sprachkurs zu beschaffen, mit der Volkshochschule alleine würde sie das nicht schaffen. Weiter ging es zum Fotographen. Während sie beim Knipsen saß las ich eine SMS: Nein du hast alles richtig gemacht. Ich hätte Dir etwas sagen müssen. Kuss Anna. Auch die Antwort war schnell getippt: Wenn du willst dass wir Freunde werden erwarte ich Ehrlichkeit! Dicker Kuss von Renate
Dann saßen wir mit Büchern, Bildern und nach einem Abstecher im Papierladen mit allerlei Utensilien wieder im Auto auf dem Weg zu Waldemars und Sinaras Wohnung. Sag mal warum hast du bei diesem Wetter ein Halstuch um? Mir war einfach danach. Soso, dir war also danach! Mit flinkem Griff öffnete sie den Knoten, wegen des Verkehrs konnte ich mich nicht wehren. Dann fing sie Lauthals zum Lachen an: Hat dich ein Vampir gebissen? Bekommst du jetzt bei Vollmond auch lange Zähne? Renate ist verliebt! Renate ist verliebt!
Übermütig steckte sie das Tuch in die Tasche. Gib mir das wieder! Nein, erst wenn du sagst wer das war. Das ist Erpressung, dafür gehst du in den Gulag! Oder du zum Scheidungsanwalt, wenn dein Mann das sieht. Deswegen gib mir das jetzt wieder. Sie wedelte vor meiner Nase damit: Also, Wer? Anna Maria. Du willst mir sagen das war eine Frau? Sie fuhr die Seitenscheibe herab, ließ das Tuch im Wind flattern: Du lügst mich an. Nein, wirklich! Das glaube ich Dir nicht! Dann eben nicht, tu was du willst.