Im Stift trafen wir das alte Paar zusammen mit ihrem Schwiegersohn, der auch sehr nett war. Das Ausfüllen des Vordruckes verlief Reibungslos, nur die Unterschriften fielen beiden sichtbar schwer, sie gaben damit ihre Unabhängigkeit endgültig auf. Der Notartermin war ja nur noch Formsache, diesen hatte der Schwiegersohn für den übernächsten Vormittag organisiert. Den Schlüssel durften wir gleich behalten.
Anna war wachsam, aber entspannt, so hatte ich auch ein gutes Gefühl bei der ganzen Sache. Draußen im Park vor dem Haus fielen wir uns in die Arme, Anna drückte mich sehr lange sehr fest, als sie mich wieder los ließ um zu Gebärden, wischte sie sich vorher schnell ein paar Tränen aus den geröteten Augen und von der Wange. So wie sie dabei lächelte waren es Freudentränen. Siehst du Renate, es kommt alles so wie es kommen muss.
Vor lauter Wohnung ist Anna Marias Geburtstag total in den Hintergrund getreten, ganz Vergessen hingegen hatte ich ihn nicht, die ganze Zeit bangte ich schon, ob ihr mein Geschenk zusagen würde. Dienstag. Morgen also. Kaum zu Glauben was sich die letzten Wochen alles getan hatte, innerlich sehnte ich mich nach mehr Ruhe. Auch meine Gebärdensprache hatte sich inzwischen stark verbessert, die meisten Alltäglichen Dinge kann ich schon, nur noch selten muss Anna mit den Fingern Buchstabieren oder auf den Block kritzeln. Eine Sprache lernt sich sehr schnell, wenn man sie täglich anwendet und eine kompetente Lehrerin hat.
Wir beschlossen nochmal in die neue Wohnung zu fahren, unsere Sachen zu holen. Auf dem Weg dorthin lotste mich Anna zum Baumarkt, flugs hatte sie einen großen Block mit Millimeterpapier, grobe Bleistifte, Meterstab, Wasserwaage und ein langes Maßband eingepackt. Mir war nicht klar was sie vorhatte, war aber schwer beeindruckt, an was sie immer alles dachte. In der Wohnung packten wir zuerst unsere Tasche, dann begann Anna die Räume zu vermessen und mit allen schrägen Wänden, Türen und Fenstern auf dem Millimeterpapier abzubilden.
Bad war bis auf Deko und Beleuchtung fertig, in die Küche sollte nur ein kleiner Esstisch dazu kommen. Aber es waren drei weitere Räume einzurichten. Mit jeder Minute merkte ich mehr, wie wertvoll Anna für mich war, für sie war alles so Leicht und Selbstverständlich, wozu mein Mann seinen Hintern einfach nie hoch bekam, immer jemanden brauchte, der für Ihn alles organisierte.