“Er hat eine gute Digitalkamera”, klärte sie mich auf. “Apropos Kamera”, machte sie es spannend, “warst du schon mal live im Internet?”
“Wie meinst du das? Im Internet war ich schon mal, klar. Meistens auf Suchmaschinen und so.”
“Ich meinte live, mit einer Webcam. Aber so, wie du fragst, heißt das natürlich ‚Nein’.”
Wieder war es an mir, ihre Überlegenheit und Erfahrung zu bewundern.
“Wie geht denn das?”
“Möchtest du es sehen?”
“Ja, klar”, sagte ich schnell, obwohl ich es nicht so meinte.
“Aber”, Judith sah mich merkwürdig lächelnd an und fuhr zögernd fort: “Aber nur, wenn du mitmachst.”
Ich schluckte. “Was muss ich denn tun?”
“Du macht nur dasselbe, was ich mache, okay?”
Wieder schluckte ich und unterdrückte meine aufkeimende Skepsis. “Okay.”
Judith startete ein anderes Programm und nun sah ich, wie ein Bild von uns in einem Fenster erschien.
“Was ist das denn”, konnte ich meine Überraschung nicht verhehlen.
Grinsend zeigte meine Freundin auf einen runden Punkt oberhalb ihres Monitors, der mir bisher nicht aufgefallen war. “Da ist eine Kamera drin.”
Ein roter Bildschirm erschien und in großen Buchstaben stand dort die Überschrift “Sigma Epsilon Chi”, darunter war eine Anmeldemaske. Schnell tippte Judith ein paar Worte ein, dann erschien eine Seite mit Bildern von jungen und nicht mehr ganz so jungen Männern und Frauen, manche einzeln, manche zusammen, wobei die Kombination Männlein/Weiblein ebenso vertreten war, wie Weiblein/Weiblein und Männlein/Männlein. Einige der Bilder waren mit einem gelbgrünen Rahmen hinterlegt, die meisten nicht.
“Was ist das”, wollte ich wissen.
“Das ist die Sigma Epsilon Chi-Gruppe”, klärte sie mich auf. Die mit dem leuchtenden Rahmen sind gerade online, die anderen nicht.”
Sie ließ mich die Bilder ansehen, wobei auch ihr eigenes Porträt mit dem Rahmen ausgestattet war.
“Wer gefällt dir?”, wollte Judith wissen.
Ich zeigte mit dem Finger auf ein junges Paar. Er hatte dunkle krause Haare und ein spitzbübisches, nettes Gesicht, sie hatte lange blonde Haare, lächelte und zeigte mit gespreizten Fingern ein “V” an. Die Bildunterschrift wies sie als “ManuErich” aus.