Abends in der Kneipe saßen wir nebeneinander, lachten, tranken und aßen bis spät in den Abend. Wir hatten Jede einige Gläser Wein getrunken und als wir aufbrachen, mussten wir unsere Autos stehen lassen und ein Taxi nehmen.
“Wohin musst du denn?” wollte ich wissen. Judith berichtete mir, dass sie in einem der Außenbezirke wohnte und eigentlich überhaupt keine Lust verspürte, allein ihr kleines Zimmer aufzusuchen. Einem plötzlichen Impuls folgend sagte ich: “Das geht mir genauso. Warum kommst du nicht mit zu mir, dann können wir noch etwas quatschen.”
Gesagt, getan. Zwanzig Minuten später betraten wir mein Zimmer und Judith pfiff mit den Lippen: “Das Zimmer ist aber herrlich! Dieses riesige Bett und alles so sauber und ordentlich.”
Ich erzählte ihr, wie ich an das Zimmer gekommen war. Wir setzten uns in die beiden Sessel, die um den kleinen Tisch herum standen und tranken noch etwas Saft. Sie erzählte, wie sie vor ihren Eltern und ihrem Freund geflüchtet war, vor der Einöde und Trostlosigkeit in der kleinen Stadt, in der sie aufgewachsen war. Wir kamen auf unsere Partner zu sprechen und ich breitete mein Leben vor ihr aus: Das er der Geselle meines Vaters ist und wir so gut wie verheiratet. Ich wollte Lehrerin werden, damit unsere gemeinsame Existenz auf guten Füßen steht.
Ganz anders war das bei ihr.
“Jonas kenne ich seit einem dreiviertel Jahr. Vorher hatte ich so um die zehn andere gehabt. Treue bedeutet mir nicht viel. Ich will meinen Spaß haben, solange ich noch gut aussehe.”
Sie kicherte.
“Jonas habe ich vorletzte Woche mit seinem Arbeitskollegen betrogen. Jonas – er ist Bauzeichner in einem Architekturbüro – hatte zuhause eine Zeichnung liegen lassen, an der er am Wochenende gearbeitet hatte. Wir hatten darüber fürchterlichen Streit bekommen, weil ich ihn und das Wochenende eigentlich für mich haben wollte. Aber er hatte einen Abgabetermin und musste daher am Wochenende arbeiten. Zur Strafe hatte er keinen Sex bekommen! Da er in seiner Firma unabkömmlich war, schickte man einen Auszubildenden.