“Nein, aber trotzdem, ich mag das nicht!” redete ich mich schnell heraus.
Theresa grinste mich nur an, und machte Anstalten zu gehen. Noch einmal drehte sie sich um, und ich hatte fast das Gefühl sie musterte mich. Erst jetzt wurde mir klar, sie horchte in den Raum hinein. Das Blut schoss mir in den Kopf, als auch mir bewusst wurde, dass man Kai-jins leises Atmen hören konnte. Das glaubte ich jedenfalls.
“Na gut, dann gehe ich jetzt deine Schwester wecken!” antwortete Theresa stattdessen und verließ mein Zimmer. Die Tür ließ sie aber offen stehen. Also hatte sie doch nichts bemerkt.
Ich hörte das Klopfen an Kai-jins Tür und die Rufe von Theresa: “Hallo Katrin, aufwachen!”
Schnell stand Kai-jin auf und schlich auf Zehenspitzen in den Flur. Schräg gegenüber meinem Zimmer befand sich das Bad, das wir uns gemeinsam teilen sollten. Als Theresa wieder an Kai-jins Tür klopfte, nutze Kai-jin die Gelegenheit, die Badezimmertür leise zu öffnen, um sie gleich darauf mit einem hörbaren Knall wieder zuzuschlagen.
“Ich bin hier!” vernahm ich ihre Stimme über den Flur. Ich war inzwischen aufgestanden und stand in der offenen Zimmertür, denn ich wollte mir das Schauspiel nicht entgehen lassen.
Theresa drehte sich um, “Oh ich habe dich gar nicht gehört!” sagte sie mit breitem Grinsen auf dem Gesicht. Mir war nicht ganz klar, wie ich das Grinsen deuten sollte, es wirkte so tiefgründig. Aber vielleicht lag das auch daran, das Theresa die Leute mit denen sie sprach eigentlich nie ansah. Wie sollte sie aber auch.
“Wenn Du immer so lange schläfst, dann verpasst Du nachher noch das Beste vom Tag!” sagte sie zu Kai-jin, während sie den Flur wieder herunterkam. Auf meiner Höhe drehte sie sich plötzlich zu mir um, und ich hatte das Gefühl ihr Blick würde mich durchbohren, obwohl das natürlich vollkommen unmöglich war.
“Das gilt natürlich auch für dich!” sagte sie zu mir gewandt, und bevor ich in irgendeiner Form reagieren konnte, war sie schon wieder die Treppe hinunter verschwunden.
Wie hatte sie mich nur bemerkt? Woher wusste sie, dass ich in der Tür stand? Waren Blinde in ihren sonstigen Wahrnehmungen uns Sehenden soweit überlegen oder war Theresa vielleicht nicht ganz blind? Irgendwie war sie mir unheimlich.
2 replies on “Georg Genders Schwester.”
Eine der besten Geschichten die ich je gelesen habe. Ich würde mich freuen wenn es bald weiter geht.^•^
Einer der besten Geschichten die ich je gelesen habe. Ich würde mich freuen wenn es bald weiter geht.^•^