Dies alles spielte sich innerhalb von Sekundenbruchteilen ab, aber ich brauchte eine Weile, diese Informationen alle zu verarbeiten. Schließlich hatte sie mich gerade aus dem tiefsten Schlaf geholt.
„Was ist passiert?“ fragte ich immer noch entsetzt darüber, wie Kai-jin aussah.
Doch sie begann nur zu weinen und flehte mit weinerlicher Stimme: „Darf ich hierbleiben?“
Was sollte ich tun? Ich konnte sie doch in diesem Zustand nicht einfach wegschicken. Aber was war, wenn man uns so hier fand? Schließlich waren wir erst gestern knapp der Entdeckung entgangen. Aber nach den Erlebnissen der letzten Nacht war mir das egal. Was sollte schon passieren. Theresa konnte uns so finden, aber was wollte sie dann machen? Etwa zu ihrer Mutter laufen um uns zu verpetzen; ‘Hallo Mama ich habe unsere Gäste gerade im Bett erwischt, aber sprich sie bitte nicht darauf an, denn sonst könnte es sein, das Georg dir erzählt wer da letzte Nacht das halbe Dorf zusammengeschrien hat.’; oder sie ging zu unserem Vater, wenn er am Wochenende zurückkam; ‘Hallo Herr Leuchters, ich habe ihre Kinder zusammen im Bett erwischt…’ ich brauchte die Gedanken gar nicht zu Ende denken. Ich war sicher, sie würde nichts sagen.
„Was ist nun, darf ich bei dir bleiben? Bitte!“ flehte Kai-jin.
„Ja, aber nun erzähl doch bitte erst mal was passiert ist.“ drängte ich sie, denn ich wollte wissen, wer oder was sie in diesen jämmerlichen Zustand versetzt hatte. Doch meine Schwester stand auf, schaltete die Zimmerbeleuchtung aus, und begann sich ihrer Kleider zu entledigen. Ich wusste nun überhaupt nicht, was das zu bedeuten hatte, sie musste sich doch vor mir nicht verstecken. Wieso schaltete sie das Licht aus bevor sie mit dem Entkleiden begann. Sie legte doch sonst keinen Wert darauf. Meine Besorgnis stieg und noch einmal hakte ich nach: „nun sag schon, was ist passiert!“
Doch ich bekam keine Antwort. Stattdessen weinte Kai-jin weiter vor sich hin und kuschelte sich eng an mich. In dieser Nacht war schon so viel passiert, was ich nicht so recht begreifen konnte, und es schien nicht besser zu werden. So gab ich auf, und um meine Schwester wenigstens ein bisschen zu trösten, nahm ich sie zärtlich in den Arm, kuschelte mich an sie und wischte ihr vorsichtig im Dunkeln über ihr feuchtes Gesicht. Ich genoss einfach das Gefühl ihres warmen weichen Körpers an meiner Seite. Es war ein schönes Gefühl, ohne sexuelle Hintergedanken mit ihr hier zu liegen und sich einfach nur eng aneinander zu schmiegen. Viele Gedanken schossen mir durch den Kopf und gerne hätte ich Kai-jin mit Fragen gelöchert, aber ihr war eben nicht nach Reden zu Mute, und so beließ ich es. Sie brauchte einfach nur meine Nähe, und das war das wenigste, was ich tun konnte. Ich spürte, wie sie sich nach und nach beruhigte, und ihr Atem immer flacher wurde. Sie schlief in meinen Armen ein, und so verfiel auch ich irgendwann in einen unruhigen Schlaf aus dem ich ein paarmal kurz erwachte und immer spürte ich meine Schwester neben mir. Ihr langsamer flacher Atem verriet mir, dass sie schlief, und so schlief auch ich wieder ein.
2 replies on “Georg Genders Schwester.”
Eine der besten Geschichten die ich je gelesen habe. Ich würde mich freuen wenn es bald weiter geht.^•^
Einer der besten Geschichten die ich je gelesen habe. Ich würde mich freuen wenn es bald weiter geht.^•^