Christas Röte war inzwischen einer grauen Blässe gewichen, sie war unfähig etwas zu erwidern. Ich war entsetzt, wie sich der Abend entwickelt hatte, aber ich bewunderte Theresa für ihren Mut. Sie hatte Dinge ausgesprochen, die ich in dieser Konsequenz nicht einmal in der Lage gewesen wäre zu Ende zu denken. Aber ich war auch verunsichert. Noch in der letzten Nacht hatte sich Christa für uns stark gemacht, hatte versucht uns zu verstehen, und hatte lange auf meinen Vater eingeredet und uns damit vor einer vorzeitigen Abreise gerettet. Nun musste sie sich von Theresa schwerste Vorwürfe gefallen lassen.
Ich schaute zu Kai-jin und ich sah in ihren Augen tiefe Bewunderung, ja sogar Liebe und Zuneigung, und die galten nicht mir, sondern Theresa.
Doch Theresa hatte ihr Pulver noch lange nicht verschossen. „Sie holen die Kinder nach Italien, um mitzuteilen, dass ihr Vater sie verlassen wird, die Mutter der Kinder lassen sie dabei die Dumme sein, die sitzt in Deutschland und glaubt, dass ihre Kinder hier ein paar glückliche Ferien verbringen. Wie hatten Sie sich das eigentlich gedacht? Wenn Geo es nicht längst bemerkt hätte, und am Stadtfest nicht ausgerastet wäre, wann hätten Sie es den beiden den dann gesagt? Am Ende der Ferien? Mittendrin? Oder haben sie gehofft, es wird sich schon eine passende Gelegenheit finden? Und dann?“ Theresas Stimme steigerte sich in ein wildes, fast wütend kreischendes Stakkato: „Und am Ende hätten sie die Kinder alleine wieder zur Mutter zurückgeschickt? Oder hätte wenigstens einer den Mut gehabt Frau Genders unter die Augen zu treten? Das ist alles so verlogen, was sie hier abziehen, es kotzt mich an!“
Und nach einer kurzen Pause in der es so still geworden war, dass man glauben konnte, wir seien die einzigen Gäste im Restaurant, ergänzte Theresa: „Mir ist der Appetit vergangen!“
Christa war noch immer aschfahl im Gesicht, ihre Brust hob und senkte sich unter heftigen Atemstößen, und man sah ihr mehr als deutlich an, dass es sie viel Kraft kostete, nicht total die Fassung zu verlieren. Sie versuchte ganz ruhig zu sprechen, aber ein deutliches Zittern in der Stimme verriet ihren Zorn und ihre Wut:
2 replies on “Georg Genders Schwester.”
Eine der besten Geschichten die ich je gelesen habe. Ich würde mich freuen wenn es bald weiter geht.^•^
Einer der besten Geschichten die ich je gelesen habe. Ich würde mich freuen wenn es bald weiter geht.^•^