„Haha, witzig, unsere Eltern würden uns umbringen, wenn sie Bescheid wüssten.“
Und dann sagte Theresa etwas, das ich schon einmal gehört hatte, etwas was immer eine heimliche Rechtfertigung gewesen war, und was mit diesem Satz aus ihrem Mund sich für immer manifestierte.
„Ihr beide seid doch gar keinen richtigen Geschwister, und wenn ihr nur Freunde wäret, wenn ihr euch in der Schule kennengelernt hättet, oder beim Sport, dann würde das kaum jemanden stören. Das Ihr beiden euch nun ausgerechnet in einer Familie getroffen habt, dafür könnt ihr beide doch nichts, das habt ihr euch doch nicht ausgesucht. Genießt es einfach so lange ihr euch gut versteht, und behaltet es für euch!“ und mit einem „siehst Du, dass habe ich doch gleich gesagt!“ umarmte Kai-jin mich und drückte mir einen feuchten Kuss auf die Lippen, und ich konnte nicht anders, als ihn erwidern. Es war als hätten Theresas Worte eine befreiende Wirkung, als wären sie ein Freispruch gewesen.
„Und was ist mir? unterbrach Theresa unsere Knutscherei. Lachend nahmen wir Theresa in unsere Arme und küssten sie beide.
„Wir sollten uns vielleicht doch lieber auf den Heimweg machen, sonst kommt Christa nachher noch, um uns abzuholen und fährt an uns vorbei, während wir hier rumknutschen,“ wehrte sich Theresa ein bisschen, und so machten wir uns weiter auf den Heimweg zum Hof der Ratellis.
Obwohl es inzwischen bereits um Mitternacht sein musste, denn mit Theresa im Schlepptau hatten wir für den Weg recht lange gebraucht, waren Frau Ratelli und Christa noch auf und saßen in der großen Küche, als wir das Haus betraten. Doch das Gespräch das sie führten, endete abrupt, als wir den Raum betraten. Lediglich Frau Ratelli und Theresa wechselten einige Sätze auf italienisch, sie ich mal wieder nicht verstand. Es ging jedenfalls recht laut zu, und ich bewunderte Theresa die mit ihren Händen nicht weniger gestikulierte, wie ihre Mutter. Es schien als wäre es bei Italienern einfach angeboren, denn ihre Mutter gestikulierte nicht weniger, obwohl sie doch genau wissen musste, das Theresa davon nicht viel mitbekam. Doch die Diskussion endete so schnell wie sie begonnen hatte, und Frau Ratelli verabschiedete sich schließlich mit einem freundlichen, leicht mitleidig, verständnisvollem Blick von uns. Sie wollte nun endlich schlafen gehen.
2 replies on “Georg Genders Schwester.”
Eine der besten Geschichten die ich je gelesen habe. Ich würde mich freuen wenn es bald weiter geht.^•^
Einer der besten Geschichten die ich je gelesen habe. Ich würde mich freuen wenn es bald weiter geht.^•^