Plötzlich winkte Theresa mich zu sich heran.
„Luigi ist einverstanden, er bringt uns zurück und lässt uns an der Wegkreuzung zu unserem Hof raus, dann können wir noch etwas spazieren gehen. Er fragt nur, ob er wohl mit Deiner Schwester noch irgendwohin fahren darf.“
Ich war etwas verdutzt, das er mich um Erlaubnis bat, aber ich kannte eben damals die italienischen Gepflogenheiten nicht. Für ihn war das selbstverständlich, mich als den älteren Bruder um Erlaubnis zu fragen. Mir war das inzwischen sowieso relativ egal, und so stimmte ich zu.
So gingen wir alle gemeinsam zum Wagen, nur führte ich diesmal Theresa und Kai-jin ging an Luigis Seite. Keiner sprach ein Wort.
Auch auf der ganzen Fahrt wurde kein einziges Wort gesprochen. Artig wie die Messdiener saßen wir, jeder auf seinem Platz im Auto, bis wir an der Wegbiegung ankamen, die zu Ratellis Haus führte. Dort hielt Luigi an und ich stieg mit Theresa aus. Kai-jin fragte nicht mal was nun los sei, sondern blieb einfach sitzen und fuhr mit Luigi fort. Irgendwie war die Situation etwas seltsam, und ich wusste nicht, wie es nun weitergehen sollte. Ich nahm Theresa in den Arm, um sie auf dem holperigen Weg besser führen zu können.
Nachdem wir ein paar Meter gelaufen waren, hielt Theresa abrupt inne. „Ich möchte nicht nach Hause, führ mich durch die Nacht!“ bat sie mich. Nun, ich konnte ihr diesen Gefallen ja schlecht ausschlagen, obwohl ich immer noch nicht genau wusste, was sie denn nun vorhatte und wie der Abend enden würde. Ein paar Meter weiter war ein Gatter, das eine Wiese vom Weg trennte, und ich hatte eine Idee. Ich führte Theresa zum Gatter und bat sie, ihre Schuhe auszuziehen, denn mit den hohen Absätzen machte sie in dem unwegsamen Gelände eine mehr als unglückliche Figur. Theresa folgte meiner Bitte, und ich führte sie auf das trockene, kurze Gras. Nach gut 100 Metern, die wir schweigend nebeneinander gegangen waren blieb Theresa stehen lauschte einen Moment in die Nacht und setzte sich.
„Dieser Platz ist gut!“ sagte sie nur, so als hätte sie genau diese Stelle gesucht. Ich setzte mich zu ihr und nahm sie in den Arm. Doch Theresa drehte sich so, dass ihr Kopf in meinem Schoß lag, so als wolle sie den Himmel beobachten.
2 replies on “Georg Genders Schwester.”
Eine der besten Geschichten die ich je gelesen habe. Ich würde mich freuen wenn es bald weiter geht.^•^
Einer der besten Geschichten die ich je gelesen habe. Ich würde mich freuen wenn es bald weiter geht.^•^