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Erstes Mal Inzest

Georg Genders Schwester.

Irgendwie war die Situation äußerst komisch. Über den Vorfall des vergangenen Abends verlor mein Vater kein einziges Wort. Aber dafür kam er mit einer anderen Überraschung. Er sagte, er hätte sich von seiner Arbeit frei genommen, und würde heute noch nach Hause reisen. Christa würde ihn auf der Arbeit vertreten können, das hätte er bereits heute morgen so arrangiert. Wenn wir wollten, dann könnten wir mitfahren, aber wir könnten auch hier bei Theresa bleiben. Er würde dann zu Hause zusammen mit Mutter alles klären. Er sprach über alle diese Dinge so sachlich nüchtern, als gelte es eine Geschäftsverhandlung zu führen. Aber ich war damals auch gar nicht in der Lage ihm großartig zu widersprechen oder gar mit ihm zu argumentieren. Dazu war ich dann eben doch noch zu sehr Kind. Wäre ich ein paar Jahre älter gewesen, dann hätte dieses Frühstück sicherlich anders ausgesehen. So aber saßen wir, meine Schwester und ich, eher wie die Karnickel auf der Straße, und schauten gebannt in die Scheinwerfer des herannahenden PKWs, der uns sogleich über den Haufen fahren würde. Hier wurde gerade der Untergang unserer Familie beschlossen, und wir saßen ruhig da und frühstückten.

Wenn ich heute an dieses Frühstück zurückdenke, dann kommt es mir dermaßen surreal vor, dass man eher glauben könnte, es sei aus einem schlechten abstrakten Film herausgeschnitten, als das es wirklich so stattgefunden hätte. Ich frage mich auch manchmal, warum wir uns eigentlich nicht mehr gestritten haben, warum haben wir uns nicht gegenseitig mehr Vorwürfe gemacht, warum hatten wir eigentlich keine Angst, Angst um unsere Mutter, Angst um unsere Existenz, Angst vor dem Neuen was da kommen mochte, warum wurden wir eigentlich überhaupt nicht gefragt, wen interessierte was wir wollten, wo wir leben wollten, was wir uns vorstellten? Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung.

Diesen Morgen und auch die restlichen Wochen unseres Urlaubs, die verlebte ich eher wie in Honig eingelegt. So als wäre das ganze Leben furchtbar zäh, alles, selbst das Denken schien hundertfach verlangsamt, und bevor ich überhaupt einen Gedanken in mir aufgenommen hatte, bevor ich überhaupt reagieren konnte, war alles schon vorbei.

2 replies on “Georg Genders Schwester.”

Eine der besten Geschichten die ich je gelesen habe. Ich würde mich freuen wenn es bald weiter geht.^•^

Einer der besten Geschichten die ich je gelesen habe. Ich würde mich freuen wenn es bald weiter geht.^•^

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