Ich sah der ganzen Angelegenheit deutlich gelassener entgegen als meine Mutter, hoffte nur, dass ich den Wecker nicht Überhören würde, denn bisher hatte ich immer eine Mutter im Hintergrund gewusst, die sich darum kümmerte, dass wir nicht zu spät zur Schule kamen. Ich hatte schon häufiger morgens meinen Wecker überhört oder im Halbschlaf einfach ausgeschaltet, um dann eine halbe Stunde später von meiner Mutter aus dem Bett geschmissen zu werden. Kai-jin ging es da meist nicht besser. Mutter hatte dann jedoch stets dafür gesorgt, dass wir es dennoch rechtzeitig zur Schule schafften, meist einfach dadurch, dass sie ständig antreibend hinter uns stand und uns wie die Hühner durch die Wohnung scheuchte.
Doch es kam ganz anders. Ich wachte morgens auf, lange bevor der Wecker klingelte und hörte meine Mutter unten in der Küche. Nur hin und wieder drang das leise Klirren eines Glases oder einer Tasse nach oben. Es konnte auch gut der Löffel in ihren Cornflakes sein. Meine Mutter gab sich scheinbar Mühe nicht zu viel Lärm zu machen. Ein paar Minuten später hörte ich, wie die Haustür sanft ins Schloss gezogen wurde. Kurze Zeit später folgte das Rattern des Garagentores, das sich einfach nicht leise betätigen ließ, dann wurde der Wagen angelassen und meine Mutter fuhr davon. Ich lag im Bett und überlegte ob ich aufstehen und schon einmal das Frühstück für Kai-jin und mich bereiten sollte. Meine Schwester würde sich bestimmt darüber freuen.
So schlich ich nach unten in die Küche und begann den Frühstückstisch zu decken. Toastete etwas Brot, stellte die Marmelade und den Honig auf den Tisch und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen als ich das Honigglas in der Hand hielt. Ich öffnete es und steckte meine Nase tief hinein und inhalierte tief. Doch es roch nur nach Honig, wonach auch sonst. Ich machte etwas Milch für den Kakao warm und betrachtete mein Werk. Ja, so konnte ich meiner Kai-jin einen angenehmen Morgen bereiten. Nur irgendetwas fehlte noch. Kritisch begutachtete ich den Tisch und zählte all die Dinge durch die dort standen, auf der Suche nach dem Detail, dass ich noch vergessen hatte. Frühstücksbrettchen, Messer, Löffel für den Kakao, warme Milch, Kakaopulver, Marmelade, Honig und selbst die bereits von meiner Mutter vorbereiteten Pausenbrote hatte ich bereitgelegt. Die Cornflakes! Genau die fehlten noch. Wie hatte ich die vergessen können. Kai-jin liebte es zum Frühstück, zusätzlich zu ihrem Butterbrot noch eine kleine Schale Cornflakes zu essen. Also schnell noch eine kleine Schale auf ihren Platz gestellt und die Cornflakes aus dem Schrank geholt.
2 replies on “Georg Genders Schwester.”
Eine der besten Geschichten die ich je gelesen habe. Ich würde mich freuen wenn es bald weiter geht.^•^
Einer der besten Geschichten die ich je gelesen habe. Ich würde mich freuen wenn es bald weiter geht.^•^